Viele junge Männer haben heute bei der Berufswahl ihre Schwierigkeiten.
Das ist kein neues Phänomen. Ich denke sogar, es ist so alt wie die Menschheit.
Zum einen besteht die Notwendigkeit, Geld zu verdienen. Und davon möglichst viel.
Zum anderen möchte man auch seinen Neigungen nachgehen und Freude an seinem Tagewerk haben.
Der Volksmund trennt hier zwischen „Beruf“ und „Berufung“.
Und beides hat seine Berechtigung. Auch die Berufung.
Denn wenn wir die 7-8 Stunden Schlaf von Deinem 24-Stunden-Tag abziehen, dann verbringst Du den größten Teil Deiner Zeit mit Deinem Beruf.
Auch wenn Du über 100 Jahre alt werden solltest (was ich Dir wünsche): Dein Leben ist kurz. Viel zu kurz, um es zu hassen. Nur weil Du einer Tätigkeit nachgehst, die Du ebenfalls hasst. Statt Deiner Berufung zu folgen.
Solltest Du gerade in einer Phase der Entscheidungsfindung sein, weil Du beruflich am Anfang stehst oder Dich im gesetzteren Alter nochmal umorientieren willst (oder musst), dann ist es zweckmäßig, dabei die folgenden 5 Punkte zu beachten:
1. Informationen sind immer unvollkommen
Wenn Du Informationen sammelst, sind sie nie vollkommen.
Das können sie auch nicht sein. Denn Informationen sind eingebettet in eine dynamische Umwelt. Und diese Umwelt hat Einfluss auf die Informationen. Sie sind gefiltert, oft unvollständig, sehr oft falsch und immer auch auf bestimmte Adressaten ausgerichtet.
Ich habe eine Ingenieurs-Schwemme, eine BWLer-Schwemme, eine Juristen-Schwemme und eine Ärzte-Schwemme auf dem Arbeitsmarkt miterlebt.
Und immer haben Politiker, Industrie und Arbeitgeberverbände rumgeheult, weil es angeblich nicht genügend Fachkräfte gab. Was natürlich Blödsinn war. In Wirklichkeit meinten sie, dass billige Fachkräfte fehlten.
Auch Informationen über bestimmte Berufsbilder sind oft unrealistisch.
Du solltest Dich deshalb daran gewöhnen, dass Du Deine Entscheidungen immer unter Zuziehung unvollkommener Informationen triffst. Mit dieser Ungenauigkeit musst Du leben.
Triff Deine berufliche Entscheidung genau dann, wenn Du sie treffen musst. Mit den Informationen, die Du zu diesem Zeitpunkt hast. Punkt.
2. Interessen ändern sich mit dem Alter
Es mag 60-Jährige geben, die noch die Comics ihrer Enkel lesen. Doch das sind Ausnahmen. In der Regel ist es doch so, dass sich Deine Interessen und Prioritäten mit dem Alter ändern und anpassen. Auch die beruflichen.
Das ist völlig normal.
Dein Leben wird erst reich, wenn Du verschiedene Dinge ausprobierst. Deine Lebenssituation kann sich ändern. Du machst vielleicht neue Erfahrungen, lernst neue Leute kennen. Und damit können sich auch Deine Interessen ändern.
Viele Tätigkeiten setzen auch ein gewisses Alter voraus. So ist es bspw. schwierig, mit 20 ein guter Verkäufer zu sein. Denn Geschäftspartner nehmen Dich erst ernst, wenn Du älter bist. Und auch einem 18-Jährigen wird man sicher nicht die Leitung eines Kernkraftwerks überlassen. Und das aus gutem Grund.
Deshalb ist es ideal, wenn sich Deine beruflichen Aktivitäten Deinen veränderten Interessen anpassen. Egal, wie schrullig es für Außenstehende aussehen mag.
Vom Ingenieur zum Bierbrauer? Vom Sales Manager zum Eiscafé-Besitzer? Oder vom Anwalt zum Winzer?
Why not? Ist heute alles kein Problem mehr.
3. Veränderungen sind immer drin
Gelegentlich erzählen mir Männer, dass sie beruflich in einer Sackgasse sind. Aber sie wollen es aussitzen. Sie sagen, sie sind zu alt für Veränderung.
Und diese Männer sind keine 80 oder 90. Sie sind in ihren 40ern. Unbelievable.
Das alles ist natürlich Bullshit. Denn Veränderung geht immer.
Mein eigener Vater war vier Mal verheiratet, hat auf drei verschiedenen Kontinenten gelebt und auch beruflich vieles ausprobiert. Manchmal nur des Geldes wegen. Manchmal aus purer Leidenschaft. Bereut hat er es nie.
4. Aus Eins mach Zwei
Du kennst Deine wahre Berufung schon? Aber Du siehst aktuell noch keine Möglichkeit, mit ihr ausreichend Geld zu verdienen?
Dann solltest Du Dich darauf vorbereiten, die nächste Zeit zweigleisig zu fahren. In Deinem „normalen“ Beruf zum Geldverdienen. Und nebenbei dann Deiner Passion nachgehen.
Diese Strategie ist anstrengend, aber erfolgreich.
Es gibt viele prominente Beispiele dafür. Hier einige davon:
Peter Tschaikowski arbeitete im russischen Justizministerium in Sankt Petersburg. Abends lernte er Klavierspiel und Komposition. Bis er dann 1861 die Eier hatte, seinen Beamtenjob zu kündigen und sich voll auf die Musik zu konzentrieren.
Charles Bukowski war 11 Jahre lang Briefsortierer bei der Post. Nach Feierabend schrieb er seine ersten Kurzgeschichten und Romane.
Pedro Almodóvar war 12 Jahre lang Angestellter bei der spanischen Telefónica. In seiner Freizeit schrieb er seine ersten Drehbücher und drehte seine ersten Low-Budget-Filme.
Über William Shakespeare ist nur wenig bekannt. Aber Historiker gehen davon aus, dass er zunächst Kaufmann für Textilien, insbesondere für Handschuhe, war und seine ersten Bühnenstücke damals nebenbei schrieb.
Weil er als Nicht-Akademiker von den „Intellektuellen“ seiner Zeit geächtet wurde, musste er schließlich selbst ein Theater pachten, damit er seine Dramen aufführen konnte. Nachdem der Pachtvertrag nicht verlängert wurde, baute er das nächste Theater in London dann einfach selbst auf.
Denn seine Stücke waren schon damals sehr erfolgreich. Weitere Theater in anderen Städten kamen hinzu. Als er starb hinterließ er neben seinem literarischen Werk ein großes Vermögen, das er als erfolgreicher Theaterintendant und Unternehmer erwirtschaftet hatte.
Was ich damit sagen will ist: Wenn Du in Deiner Berufung gut bist, wirst Du auch einen Weg finden, damit Geld zu verdienen. Das kann etwas dauern, aber es wird kommen. Versprochen.
5. Bewerte Deine Entscheidung für einen Beruf. Immer. Kontinuierlich.
Entscheidungen sind immer nur Momentaufnahmen. Du triffst sie zum Zeitpunkt X. Und handelst dann danach. Doch das Leben geht weiter. Und im Zeitverlauf siehst Du dann vielleicht irgendwann, dass Du diese Entscheidung heute anders treffen würdest.
Auch das ist normal. Doch Du merkst es nur, wenn Du Deine Entscheidungen kontinuierlich bewertest.
Du solltest das aber nicht verwechseln mit permanentem Job-Hopping oder einer generellen Unentschlossenheit. Beides Dinge, die ich für schlecht halte.
Es geht vielmehr darum, den eigenen Kompass etwas zu justieren. Wenn Du dabei merkst, dass Du in eine komplett falsche Richtung läufst, dann solltest Du die Richtung ändern.
Du solltest Dich in Deinem Beruf nie wie ein Gefangener fühlen. Du bist frei.
In Kürze
Ich habe ja in meinen Artikeln immer die Vorzüge der MINT-Fächer hervorgehoben.
Und wenn die Naturwissenschaften oder Ingenieurswissenschaften Deine große Berufung sind, dann wirst Du sicher gutes Geld damit verdienen.
Doch es gibt auch Männer, die nur Ingenieure sind, weil ihre Väter es schon waren. Rechtsanwälte, die nur Jura studiert haben, um der Familientradition zu folgen.
Unternehmer, die die Firma ihres Vaters weiterführen, obwohl sie es hassen. Sie wären vielleicht lieber Schriftsteller oder Filmregisseur. Und möglicherweise auch ganz gut darin.
Das alles ist auf Dauer ungesund. Denn Du verfolgst dann nicht Deinen eigenen Traum, sondern nur die Träume anderer.